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102 GESELLSCHAFT
fürstlich-erzbischöflichen Hofes im Spessart tätig war. Es schien, als mas des Rheinbundes. Während seiner Residenz in Aschaffenburg von
würde er diese Familientradition fortsetzen, doch wurde er entlassen, 1806 bis 1813 ließ er die Karlsuniversität, eine Kunstgewerbeschule,
da man ihn der Wilderei verdächtigte. Die spärlichen Quellen erschwe- einen neuen Friedhof und ein Theater gründen. In seiner Funktion
ren es, zwischen Fakten und Legenden seines weiteren Lebensweges als Großherzog von Frankfurt oblag ihm die Verwaltung nahezu des
zu unterscheiden. Seinen Wohnsitz nahm er in Hasloch am Main, in gesamten Spessarts – ein einmaliges Kapitel in der Geschichte dieser
der Grafschaft Wertheim, und bewegte sich im Spessart entlang der Region. Sein Baumeister Emanuel von Herigoyen prägte das Stadtbild
Grenzen der Herrschaften Kurmainz und des Hochstifts Würzburg, wo Aschaffenburgs durch seine Bauten und gestaltete auch die umlie-
er seine Wilderei betrieb. Dort wurde er von den örtlichen Behörden genden Gemeinden im Spessart. In Orb ließ Dalberg Gradierwerke,
verfolgt und mehrfach festgenommen, doch gelang es ihm stets, der Verwaltungsgebäude, Sudhäuser sowie Wohnungen für die Angestell-
Haft zu entkommen. Im Jahr 1772 wurde er für vogelfrei erklärt und im ten der Saline errichten.
darauffolgenden Jahr fiel er dem kurmainzischen Revierjäger Johann
Sator zum Opfer, der ihn erschoss. An diese tragische Begebenheit Dr. Gerrit Himmelsbach
erinnert das bekannte Hasenstabkreuz im Kropfbachtal. 23.06. 1-mal Mo. 18:00-19:30 2 UE 1020245d 11,00 €
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Dr. Gerrit Himmelsbach
26.05. 1-mal Mo. 18:00-19:30 2 UE 1020243d 11,00 €
Online Spessartpersönlichkeiten VI:
Rudolf Virchow und die „Noth im Spessart“
Spessartpersönlichkeiten IV: Der aus Pommern stammende und überwiegend in Berlin tätige
Wilhelm Hauff und das Wirtshaus im Spessart Mediziner und Politiker Professor Rudolf Virchow (1821-1902) hat mit
seiner Schrift „Die Noth im Spessart. Eine medicinisch-geographisch-
Der Wirkungskreis des bereits im Alter von 24 Jahren an Typhus historische Skizze“ eine bedeutende Rolle für die Region Spessart
verstorbenen Stuttgarter Schriftstellers Dr. phil. Wilhelm Hauff gespielt. Diese Arbeit entstand, als Virchow, der zwischen 1849 und 1856
(1802–1827) fällt in die Zeit der strengen Zensur der Biedermeierzeit. seine akademische Laufbahn an der Universität Würzburg begründete,
In dieser Epoche veröffentlichte er Märchen, die in der Tradition der im Februar 1852 vom Bayerischen Innenministerium beauftragt wurde,
Romantik stehen und in drei Bänden zusammengefasst sind. Darin den Gesundheitszustand der Bevölkerung im Spessart zu untersuchen.
verband er romantisch-phantastische Elemente mit realistischen, zeit- Virchow skizzierte präzise die Lebensbedingungen der Spessartbewoh-
kritischen und satirischen Zügen. Sein letztes Werk, „Das Wirtshaus ner und dokumentierte insbesondere die weit verbreitete Hungersnot
im Spessart“, enthält eine gleichnamige Rahmenerzählung, die auf sowie die sittliche Verwahrlosung. Bis heute prägt sein Werk das Bild
seinen Erfahrungen im Schwarzwald basiert und aufgrund ihres Titels des Spessarts nachhaltig.
als Schicksalsbuch für den Spessart gilt.
Dr. Gerrit Himmelsbach
Dr. Gerrit Himmelsbach 30.06. 1-mal Mo. 18:00-19:30 2 UE 1020246d 11,00 €
02.06. 1-mal Mo. 18:00-19:30 2 UE 1020244d 11,00 € Online
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Gesellschaft Spessartpersönlichkeiten VII:
Pfarrer Dr. Friedrich Frank – ein echter Spessart-
pfarrer als Politiker und Wirtschaftsförderer
Der in Wirtheim (heute Biebergemünd) geborene Spessarter Pfarrer
Dr. Friedrich Frank (1832–1904) war von 1873 bis 1894 als Pfarrer in
Wiesen tätig. Neben seiner seelsorgerischen Tätigkeit engagierte er
sich als Schriftsteller, sozialer Wirtschaftsförderer und Landtagsabge-
ordneter. Er leistete bedeutende Beiträge zur Förderung der Landwirt-
schaft und zur Bekämpfung der Spessartnot. So unterstützte er unter
anderem die Gründung von Brauereien in Wiesen und Frammersbach
und spielte eine entscheidende Rolle beim Aufbau einer Darlehens-
kasse. Sein Engagement für die Mädchenbildung manifestierte sich
in der von ihm 1881 gegründeten und ausgestatteten klösterlichen
Anstalt, dem „Haus Joshua“. Im Jahr 1883 ließ er oberhalb von Wiesen
die Kreuzkapelle errichten. Besonders große Beachtung fand Pfarrer
Frank auf nationaler Ebene durch seine Schriften gegen den Antisemi-
tismus.
Dr. Gerrit Himmelsbach
22.09. 1-mal Mo. 18:00-19:30 2 UE 1020247d 11,00 €
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Spessartpersönlichkeiten VIII:
Familie Rexroth und die Spessarter Eisenhämmer
Durch den Erwerb des „Höllenhammers“ in Heimbuchenthal im Jahr
1794 durch Johann Ludwig Rexroth (1722–1808) fand die Familie
Rexroth ihren Weg in den Spessart, der heute durch das international
tätige Unternehmen Bosch Rexroth in Lohr am Main bekannt ist. Zu
jener Zeit besaß die Familie zeitweise sieben Eisenhämmer und er-
Spessartpersönlichkeiten V: langte den Ruf als die „Krupps vom Spessart“. Im Jahr 1795 übernahm
Karl Theodor von Dalberg – einziger Herrscher über der Sohn Georg Ludwig Rexroth (1767–1854) den Höllenhammer. Unter
den gesamten Spessart seiner Leitung entstand ein kleines, autarkes Eisenhammerdorf, das
eine Schule und einen Familienfriedhof umfasste. Georg Ludwig II.
Der hochgelehrte und politisch ambitionierte Karl Theodor von Dalberg Rexroth wandte sich der Eisengießerei zu und wagte den Schritt in das
(1744–1813) war nicht nur Erzbischof von Mainz und Regensburg, verkehrsgünstig an der Bahn gelegene Lohr – eine bemerkenswerte
sondern auch Großherzog des Fürstentums Frankfurt sowie Fürstpri- frühindustrielle Erfolgsgeschichte im Spessart.